WEIBLICHER HALSSCHMUCK


Dieser Wendelhalsring wurde in den 1870er Jahren von dem Münsteraner Sammler F. A. Broggreve an der Heessener Straße in Hamm entdeckt und geborgen. Das Objekt gelangte, wie wenige Weitere aus dem Besitz dieses Kunstliebhabers, später durch Ankauf in den heutigen Bestand der ur- und frühgeschichtlichen Sammlung der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gesicherte Angaben zur Fundsituation (wie beispielsweise Beifunde) sind leider nicht rekonstruierbar, der Zusammenhang mit einer früheisenzeitlichen Urnengräbergruppe darf jedoch als gesichert gelten.

Es handelt sich bei dem vorliegenden Objekt um einen scharflappigen Wendelhalsring. Wendelringe wurden hergestellt indem der Ringstab tordiert, also verdreht wurde. Die Kanten des Stabes am vorliegenden Ring wurden zu dünnen, beinahe blechartigen Lappen ausgeschmiedet. Das Muster der Lappen kommt anschließend durch Richtungswechsel der Drehrichtung, hier zwölffach, während des Tordierens zustande. Aus diesem Prozess ergibt sich die Bezeichnung Wendelring. Die Torsion ist hier als „echte Torsion“ anzusprechen. Es gibt jedoch auch Wendelringe, die in einer Gussform hergestellt wurden, bei denen das entsprechende Muster, stark vereinfacht, bereits als Negativ in der Form angelegt war. Der Halsring ist an seinen Enden zu Verschlusshaken umgeschmiedet. Allgemein treten Wendelringe von der späten Bronze- bis in die Eisenzeit auf. Der vorliegende Ring ist aufgrund seiner Gestaltung in das  6. Jahrhundert v. Chr. zu datieren.

Wendelringe kommen in unterschiedlichen Formen von Skandinavien bis in das Rhein-Main-Gebiet vor. Ein Schwerpunkt der Verbreitung liegt jedoch im mittleren Elbe- und Saalegebiet sowie der Thüringischen Kultur. Aufgefunden werden sie meist in Grab- und Hortfunden, nur selten kommen sie bei Siedlungsgrabungen zutage. Anthropologische Untersuchungen an dem Fund zugehörigem Skelettmaterial lassen vermuten, dass die Ringe vornehmlich von Frauen getragen wurden. Allerdings kommen auch Männer- und Kinderbestattungen mit Wendelringen vor, jedoch in wesentlich geringerem Umfang. Abnutzungsspuren an den Fundstücken sowie häufig vorliegende Beschädigungen an den Verschlusshaken machen es wahrscheinlich, dass die Wendelringe einen Bestandteil der Alltagstracht darstellten. Aus Grabfunden kann rekonstruiert werden, dass dünnstabige und scharflappige Wendelhalsringe einzeln getragen wurden, während massiveren Halsringe durchaus auch als Ringsätze innerhalb einer Bestattung auftreten können.

Literatur R. Heynowski, Die Wendelringe der späten Bronze- und frühen Eisenzeit. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 64 (Bonn 2000)S.  Ostritz, Untersuchungen zu den Wendelringen der älteren vorrömischen Eisenzeit unter besonderer Berücksichtigung der Thüringischen Kultur. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 332 (Weissbach 2002)G. Eggenstein, E. Schwinzer (Hrsg.), Zeitspuren. Die Anfänge der Stadt Hamm. Notizen zur Stadtgeschichte 8 (Bönen/Westf. 2001) Material: Bronze
Maße: Innendurchmesser 14,3 cm
Inventar-Nr.: 18845

Daniel Scherf