Münzwaage
Objekt-ID:
EWG_2012_00003
Hersteller:
Ortsbezug:
Herstellungsort:
Wuppertal
Datierung (individuell):
1770er
Maße:
Gesamt (Kasten): Länge: 16 cm; Breite: 9 cm; Höhe: 2,5 cm
Material:
Holz
Eisen
Messing
Objekttyp:
Museumsobjekte/Messgerät, Anzeigegerät, Datenschreiber*/Waage
Klassifikation:
Münzwaagen/Münzgewichte
Besitzende Institution / Datengeber:
Museen/Friedrich-Schiller-Universität Jena/Lehr- und Forschungssammlung experimentelle Wissenschaftsgeschichte
Friedrich-Schiller-Universität Jena/Sammlungen/Lehr- und Forschungssammlung experimentelle Wissenschaftsgeschichte
IIIF-Manifest:
Beschreibung:
Diese Münzwaage stammt von Johann Peter Braselmann, einem Gewichthersteller aus Wichlinghausen in Oberbarmen im heuten Raum Wuppertal. Diese Region war im 18. Jahrhundert bekannt für die Herstellung von Münzwaagen für Goldmünzen.
Das Objekt besteht aus einem dunklen Holzkasten, der einen eisernen Waagbalken, daran befestigte Schalen aus Messing und in im Kastenboden ausgelassenen Aussparungen Gewichte aus Messing. Die Aussparungen sind mit roter Tinte mit dem Wert und dem Namen der Goldmünze beschriftet. Ursprünglich waren 18 Münzgewichte vorhanden, davon fehlen 2. Unter einem Messingkläppchen finden sich außerdem 4 (von ursprünglich 5) Ausgleichgewichten.
Die Gewichte für 1 Pistol, ½ Ginee, 1 und 2 Ducat, ½ und 1 Carlin, sowie ½ und 1 Max d’or sind Originalgewichte, die mit dem Namen der Münzsorte und dem Wert versehen sind. Auf all diesen, bis auf den Pistol ist der bergische Löwe als Eichstempel punziert. Die anderen Gewichte wurden nachträglich ergänzt und haben teilweise Grammangaben eingraviert. In der Aussparung für ½ Pistol befindet sich zum Beispiel ein Gewicht mit der Gravur 5 G. Dieses Gewicht wiegt tatsächlich 5 Gramm.
Im Deckel findet sich ein Etikett mit Herstellerangaben (inklusive Datierung 177[?]), Justierbrandstempel und handschriftlichem Vermerk des Käufers: „gekauft 14 Febr. 1794 Wilhelm Emrich“.
Münzwaagen wie diese aus dem Herzogtum Berg waren ab dem 15. Jahrhundert im deutschen Raum verbreitet. In fast jedem Kleinstaat wurden unterschiedliche Münzen geprägt, sodass es schwierig war den Überblick zu behalten. Das Münzgeld war dabei unterschieden in Scheidemünzen und Kurantmünzen.
Kurantmünzen, meist Gold- oder Silbermünzen, entsprachen in ihrem Zahlungswert ihrem Materialwert, während Scheidemünzen (wie heute alles Geld) einen höheren Zahlungswert als ihren Materialwert besitzen. Münzwaagen dienten dazu Kurantmünzen, nachzuwiegen, um eine Wertminderung durch Beschneiden oder Befeilen auszuschließen. Die Münzwaagen gehörten somit zur Grundausstattung von Kaufmännern und Geldwechslern.
Diese Münzwaage von Johann Braselmann ist eine Goldmünzwaage. Die Münzgewichte entsprachen dabei dem Passiergewicht der Münze. Dies war der gesetzlich festgelegte Ist-Wert, bei dem diese Münzen als vollwertige Kurantmünzen akzeptiert werden mussten. Lag das Gewicht der Münze darunter musste ein Abgeld, Disagio gezahlt werden. Die festgelegten Gewichte der Goldmünzen dienten auch zur Umrechnung von einer Währung in die andere.
Die Gewichte in dieser Münzenwaage waren für:
Pistole, eine preußische Goldmünze, auch Friedrich d’or genannt, die von 1741 bis 1855 geprägt wurde. Vorbild war die spanische Pistole und der Französiche Louis d’or. Die deutsche Pistole hatte einen wechselnden Kurs zum Silber-Kurantgeld, entsprach aber 5 preußischen Reichstalern. Ihr Feingewicht war auf 6,032 g festgelegt.
Severin = Sovereign. Britische Goldmünze, die erstmals 1489 unter Heinrich VII geprägt wurde.
Goldgulden, (?) bereits im Mittelalter wurde diese Münze in Florenz geprägt und verbreitete sich schnell in ganz Europa. Im 18. Jahrhundert, aus dem die Waage stammt, war er aber aufgrund seines Wertverlustes durch andere Goldmünzen oder Silbermünzen abgelöst worden.
Ginee, eine britische Goldmünze (Guinee), die von 1663 bis 1816 geprägt wurde. Ihr Wert war seit 1717 auf 21 Schilling festgelegt.
Louis d’or, hier Schildlouis d’or. Der Louis d’or war eine unter Ludwig XIII eingeführte Goldmünze, ähnlich der spanischen Pistole. Sie wurde aus 22 karätigem Gold geprägt und wog 6,7 g. Die Beschriftung „Schilt Lsdor“ in diesem Set bezieht sich auf eine Form des Louis d’or der von der Währungsreform 1725 bis zur Revolution 1793 geprägt wurde.
Max d’or, ähnlich der Friedrich d‘or eine vom Louis d’or inspirierte Goldmünze. Sie wurde in Bayern hergestellt.
Carliner, auch Karolin, war ein Name für verschiedene Goldmünzen. Im deutschen Raum gab es einen Bayrischen Karolin, der von Kurfürst Karl Albert 1726 nach dem Vorbild des französischen Louis d’or eingeführt wurde. Der Wert entsprach um 1770 11 Goldgulden. Es gab auch einen kurpfälzischen Karolin, der nach dem Vorbild des bayrischen Karolin in Hessen-Darmstadt, Kurköln, Kurpfalz und Württemberg geprägt wurden. Es gab auch ein schwedische Carolin-Münzen.
Dukat, eine Goldmünze, die in ganz Europa verbreitet war. Ursprünglich in Venedig hergestellt, wurden Dukaten von 1559–1857 auch im deutschen Raum geprägt. Ihr Feingewicht beträgt etwa 3,44 g.
Es zeigt sich also, wie viele verschiedene Währungen im Umlauf waren und wie wichtig es somit zum Beispiel für Kaufleute war, mit Hilfe einer Münzwaage den Wert der Münzen zu überprüfen. Mit der Vereinheitlichung des deutschen Münzwesens nach 1871, sowie durch Verbesserung der Prägetechnik verschwanden Münzwaagen nach und nach aus dem Alltag. Die Münzwaagenproduktion, die sich erst in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts von Köln und Nürnberg ins Bergische Land verschoben hatte, wurde so, nach nur ca. 60 jähriger Blütezeit in dieser Region, eingestellt. Dass bei dieser Waage teilweise Münzgewichte durch Grammgewichte ersetzt wurden legt nahe, dass die Waage nach dieser Zeit als Feingewichtwaage weiter genutzt wurde.